Jan Fickert

Übersetzen und Kulturtransfer: Vergleich zweisprachiger Hofalmanache im Deutschland des Aufklärungszeitalters (1750-1790) am Beispiel des Kurpfälzischer Hof- und Staatskalenders und Almanach électoral palatin

 

Die französische Hofkultur und das Französische als Universalsprache bildeten im 18. Jahrhundert eine Vorbildfunktion für große Teile Europas, die im größeren Kontext der kulturellen Hegemonie Frankreichs im Europa der Zeit 1700-1815 zu sehen ist. Diverse Almanachreihen sind bis zum Ende der Napoleonischen Ära auf deutschem Sprachgebiet in französisch erschienen, und zum Teil liegen einige dieser Almanache in deutscher und französischer Version vor, was aber bisher noch nicht oder nur fragmentarisch in der Kultur- oder Übersetzungswissenschaft untersucht wurden. Dem möchte dieses interdisziplinäre Dissertationsprojekt entgegen wirken und dabei vor dem Hintergrund der Zusammenhänge von Inhalt, Form und Funktion im kontrastiven Vergleich den Fokus auf den Kulturtransfer und die Übersetzung der Hofalmanache im Zeitalter der Aufklärung und des Absolutismus setzen. Dabei ist für einen übersetzungsbezogenen Kulturvergleich die Frage zu beantworten, auf welchen Ebenen dieser Vergleich anzustellen ist (atomistisch, hol-atomistisch, holistisch). Die systematische Vorgehensweise nach der Drei-Dimensionen-Betrachtung garantiert Transparenz und Verifizierbarkeit. Termini werden somit beispielsweise nicht nur punktuell gesehen, sondern vor dem Hintergrund von Wissenssystemen. Ziel ist es, die Faktoren, die beim Kulturtransfer eine Rolle spielen, näher zu beleuchten. Dabei soll die Analyse zeigen, wie sich die Repräsentation von Kultur in Original und Übersetzung am Beispiel der Hof- und Verwaltungssprache in Almanachen auf den drei genannten Ebenen spiegelt. Je nach zu erwartenden Ergebnissen können die Perspektiven in unterschiedlichem Umfang ausgearbeitet werden. Produkte der Analyse sind eine Aspektmatrix, relationale Netze und die Visualisierung der Kulturmuster, anhand der Schlussfolgerungen zu Original und Übersetzung gemacht werden können. Als Grundlage für die Analyse soll der in der Residenzstadt Mannheim – das sich im 18. Jahrhundert als bedeutender Druck- und Verlagsort etablierte – erschienene Kurpfälzischer Hof- und Staatskalender dienen. Es ist der Almanach des kurpfälzischen Hofes unter Carl Theodor (1724-1799), der für ca. 30 Jahrgänge in deutscher Sprache und auch in einer Parallelausgabe in französischer Sprache mit dem Titel Almanach électoral palatin vorliegt. Neben der rein übersetzungswissenschaftlichen Analyse werden im ersten theoretischen Teil auch die Aufarbeitung vielfältiger kultur- und pressegeschichtlicher Informationen zu diesem Hof- und Territorialalmanach (beispielsweise Verleger, Leserschaft, Funktion, Modelmedium, Normgerechtigkeit der Lexik), zur im Almanach abgebildeten Gesellschaft sowie auch eine diachrone Untersuchung anvisiert. Die Einbeziehung weiterer Almanache, wie beispielsweise des Kurkölnischen Hofkalenders (Almanac de la Cour S.A.S.E. de Cologne), ist denkbar.

 

E-Mail: j.fickert(at)mx.uni-saarland.de