Forschungsschwerpunkte und Projekte

Sorores (Verbundprojekt)

Sorores - Les religieuses non cloîtrées en Europe (XII-XVIII)

Die Entscheidung, die Welt zu verlassen um sich einem religiösen Leben zu widmen, ist von einem grundlegenden Spannungsfeld geprägt: Auf der einen Seite steht das Verlangen, sich Gott bedingungslos hinzugeben, auf der anderen Seite der Imperativ, die besondere Form eines religiösen Lebens mit der Kirche und deren Institutionen abzustimmen. Insbesondere ab dem 12. Jahrhundert haben sich viele Frauen für neue Formen eines religiösen Lebens entschieden, die entgegen den kirchlichen Bestimmungen keine Klausur beinhalteten (Beginen, Beatas, Bizzoche, Büßerinnen, Tertiarinnen etc.). Das internationale Projekt Sorores widmet sich der Untersuchung dieser Religiosen im europäischen Raum und in einer längeren transepochalen Perspektive (12.-18. Jahrhundert). Diese Frauen waren bisher allenfalls ein Randthema der Historiographie. Die zahlenmäßig große Präsenz dieser Frauen in den europäischen Städten (z.B. 195 Beaterios in Toledo am Ende des 15. Jahrhunderts oder die Beginenhöfe mit bis zu 1.500 Mitgliedern in Flandern zur gleichen Zeit), ihre enge Integration mit anderen Teilen der Gesellschaft (z. B. Familien, städtische Institutionen) und die Kontinuität ihrer Existenz vom Mittelalter bis zur Neuzeit sprechen jedoch für eine wichtige Bedeutung. Das Fortbestehen und die zunehmende Verbreitung solcher weiblichen Gemeinschaften zeigen gleichzeitig, dass die kirchlichen Institutionen nicht die einzige Quelle der Legitimation einer vita religiosa waren. Der Einfluss dieser Frauen kann in vielen Bereichen bis hin zu den zeitgenössischen karitativen und humanitären Vereinigungen gefunden werden. Das Sorores-Projekt zielt darauf ab, die internationalen Forschungsinitiativen zu bündeln und zu strukturieren, verschiedene historiographische Ansätze miteinander ins Gespräch zu bringen und neue Forschungsansätze und -methoden zu finden. Am Sorores-Projekt sind vier nordamerikanische und neun europäische Universitäten beteiligt. Das Projekt wird finanziell von der École française de Rome (Programm 2022-
2026) und der Casa Velazquez (Programm 2022-2024) unterstützt. 

zur Projektseite

Regesta Imperii - Heinrich VII. (Akademievorhaben)

Regesta Imperii - die Regesten Kaiser Heinrichs VII. (1308-1313)

Die Regesta Imperii, 1829 durch Johann Friedrich Böhmer initiiert, zielen auf die Verzeichnung aller urkundlich oder historiographisch belegten Aktivitäten der römisch-deutschen Könige und Kaiser sowie ausgewählter Päpste des Mittelalters in Form von Regesten. Die Neubearbeitung der Regesten Kaiser Heinrichs VII. (1308-1313) ist seit 1979 an der Universität des Saarlandes angesiedelt. Unter der Projektleitung von Kurt-Ulrich Jäschke sind bislang zwei chronologische Regestenbände erschienen, die die Luxemburger Grafenzeit Heinrichs und die ersten Jahre seines Königtums abdecken, die Heinrich in den nordalpinen Reichsteilen verbrachte (1288/1308 bis 23. Oktober 1310). Der Schwerpunkt der Arbeit an den noch ausstehenden Regesten, seit 2016 unter der wissenschaftlichen Leitung von Michel Margue, liegt auf Italien, wo sich Heinrich VII. bis zu seinem frühen Tod am 24. August 1313 aufhielt. Die institutionelle Projektleitung an der UdS liegt seit 2022 bei Cristina Andenna.

zur Seite der Regesta Imperii an der UdS

KI-geschaffene Texte in den Geisteswissenschaften (DaTa-Pin-Innovationsprojekt)

KI-geschaffene Texte und ihre Verwendung in den Geisteswissenschaften. Chancen und Grenzen

Im Rahmen des Projektes erfasst und analysiert Miriam Weiss digitale Text- und Übersetzungstools im Hinblick auf ihren Einsatz in der Lehre in der Geschichtswissenschaft. Die entsprechenden Tools werden recherchiert, gebündelt und gemeinsam mit Studierenden in einer Lehrveranstaltung auf ihren möglichen Einsatz in der geschichtswissenschaftlichen Lehre hin untersucht. Ein digitaler Reader wird die Ergebnisse verfügbar machen.

Für mehr Einblicke in das Projekt:

Aufsatz (Open-Access): Miriam Weiss. Lateinkenntnisse erforderlich?! KI-geschaffene Übersetzungen als Hilfsmittel zur Quellenerschließung in der Geschichtswissenschaft, in: KI:Text (2024)

Hier klicken!

Tagungszusammenschnitt der Tagung "KI – Text und Geltung. Wie verändern KI-Textgeneratoren wissenschaftliche Diskurse?" in Darmstadt (2023), an der das Projekt beteiligt war:

Hier entlang!

 

 

Medievalia (Interdisziplinäre Vortragsreihe)

Medievalia. Interdisziplinäres mediävistisches Forschungskolloquium

Unter dem Namen Medievalia organisieren die Professur für die Geschichte des Mittelalters an der Universität des Saarlandes (Cristina Andenna) und der Arbeitsbereich Germanistische Mediävistik der Universität Graz (Julia Zimmermann) ein interdisziplinäres mediävistisches Forschungskolloquium.

Die digitale Vortragsreihe möchte die Mittelalterdisziplinen nicht nur vernetzen und sichtbar machen, sondern auch Kolleginnen und Kollegen, Studierende und Interessierte gleichermaßen zum fachübergreifenden Gespräch einladen. Ziel der Reihe ist es, Einblicke in aktuelle Forschungsthemen und Projekte der Mediävistik auch universitätsübergreifend zu gewähren. Weil die mediävistischen Fachdisziplinen ohne den berühmten Blick über den Tellerrand der jeweiligen Fächergrenzen kaum auskommen, sind uns interdisziplinäre Zugänge, diachrone Betrachtungsweisen und komparatistische Ansätze wichtige Anliegen.

Der thematische Schwerpunkt der Medievalia im Sommersemester 2023 ist „Das Mittelmeer – mediävistische Perspektiven auf ein aktuelles Forschungsfeld“.

weitere Informationen

Des Kaisers neue Schriften (Habilitationsprojekt Christina Abel)

Des Kaisers neue Schriften – Schriftlichkeit und Schriftkulturen am Hof Heinrichs VII. (1308-1313)

Das aktuelle Forschungsprojekt von Christina Abel untersucht den einmaligen Bestand an Schriftgut, der sich aus der Regierungszeit Kaiser Heinrichs VII. erhalten hat und neben den klassischen Königs- und Kaiserurkunden aus einer Vielzahl an Verwaltungsschriften besteht: Register, Imbreviaturbücher, thematische Dossiers, Ratsprotokolle, Rechnungen, verschiedenste Listen und Verzeichnisse, Inventare, Konzepte, Erinnerungen und Notizzettel. Solche Zeugnisse pragmatischer Schriftlichkeit lassen sich unter Heinrichs Vorgängern und Nachfolgern entweder gar nicht oder nur vereinzelt nachweisen. Dieser außergewöhnliche Quellenbestand stellt die Grundlage des Forschungsprojekts dar: Die überlieferten Urkunden und andere Schriftstücke, die nachweislich im Umfeld Heinrichs VII. entstanden sind oder dort aufbewahrt wurden, sollen als zusammenhängendes Korpus auf die Frage hin untersucht werden, wie man mit Schriftlichkeit und Schriftstücken am Hof des ersten Luxemburger Kaisers umging. Dies umfasst den Aspekt der Erstellung der Dokumente ebenso wie die Frage nach dem spezifischen Gebrauch, nach der Aufbewahrung und Archivierung und nach der zeitgenössischen Wahrnehmung von Schriftlichkeit als Herrschafts- und Verwaltungsinstrument wie auch als kulturellem Kapital. Besondere Bedeutung kommt hierbei den Personen zu, die durch ihre Entscheidungsgewalt, durch ihr Expertenwissen oder ihre Schreibtätigkeit Einfluss auf den Umgang mit Schriftlichkeit und die Gestaltung der Schriftstücke nahmen. Die verschiedenen regionalen Gewohnheiten, Ausbildungswege und persönlichen Fähigkeiten – und damit die verschiedenen Schriftkulturen – die in Form dieser Personen zusammentrafen, waren mitverantwortlich, so die Hypothese, für den besonderen Umgang mit Schriftlichkeit, der Heinrichs Hof auszeichnete.

zur Seite von Christina Abel

Metamorphosen und Kontinuitäten von Inschriftlichkeit. Päpstliche Epigraphik zwischen Spätantike und Renaissance (5.-15. Jh.) (Habilitationsprojekt Wolf Zöller)

Forschungsvorhaben Wolf Zöller (Post-Doc Projekt)

Innerhalb der mittelalterlichen Epigraphik zeichnen sich die von den Päpsten gepflegten inschriftlichen Ausdrucksformen (epigraphic habit) durch eine besondere Kontinuität aus. Seit dem 4. Jahrhundert griffen die römischen Bischöfe zu kommunikativen und repräsentativen Zwecken auf ausgestellte Textträger und Schrifttafeln zurück (scritture esposte), weshalb sich diese hervorragend für eine umfassende diachrone Untersuchung vormoderner (In)schriftlichkeit eignen.

In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit epigraphischen Zeugnissen, die von den römischen Bischöfen in Auftrag gegeben wurden und in ihrem unmittelbaren Umfeld entstanden, überwogen bislang meist inhaltliche sowie philologische und paläographische Aspekte. Das Unterprojekt A01 UP3 erweitert diesen Ansatz: Aus kulturhistorischer Perspektive und in Einklang mit dem Forschungsdesign des SFB 933 betrachtet es darüber hinaus die räumliche Verteilung (Topographie), die spatiale Kontextualisierung (Topologie), die handlungsspezifische Einbettung (Praxeologie) sowie nicht zuletzt die materiale Präsenz und Affordanz (Materialität) von Inschriften im mittelalterlichen Rom.

Nachdem in der zweiten Förderperiode das Früh- und beginnende Hochmittelalter im Fokus der Projektarbeit standen und eine Brücke zu den altertumswissenschaftlichen Unterprojekten von A01 geschlagen wurde, soll der chronologische Blick nunmehr erweitert und das 12.-15 Jahrhundert in die Betrachtung eingeschlossen werden.

Weitere Informationen


Header-Bild und Kacheln: Ambrogio Lorenzetti, Effetti del buon governo in città, Freskenzyklus in der Sala dei Nove des Palazzo Pubblico von Siena, commons.wikimedia.org/w/index.php