Deutsch-französischer Dialog der Energiegeographie

Ausgehend von der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl aus dem Jahr 1951, getragen von sechs westeuropäischen Ländern, bis hin zur Energieunion innerhalb der Europäischen Union im Jahr 2015, die auf die Energieunabhängigkeit Europas abzielt, stellt die Energiepolitik einen der zentralen Bausteine der europäischen Integration dar. Doch wie die hitzigen Debatten über die Entwicklung der europäischen Taxonomie 2021 oder die Problematik der europäischen Abhängigkeit von Russland – im Zuge des Ukrainekriegs 2022 in den Fokus gerückt – zeigen, bestehen weiterhin divergierende Positionen in Europa. Wie die Verabschiedung des European Green Deal im Jahr 2020 gleichzeitig verdeutlicht, haben sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gemeinschaftlich auf das Ziel verständigt, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Allerdings besteht kein Konsens über die Mittel, Wege und Instrumente, die zur Erreichung dieses Ziels eingesetzt werden sollen. Die „Energietransition“ stellt somit einen „mehrdeutigen Konsens“ dar. Sinnbildlich hierfür steht das deutsch-französische Verhältnis. Auch wenn die Rolle der Stromgewinnung aus Kernkraft als offensichtlichster Streitpunkt erscheint, weichen die in Frankreich und Deutschland verfolgten Wege der Energietransitionen auch in anderen Punkten voneinander ab: Entwicklung der Windkraft an Land und auf See, Stellenwert von Kohle und Gas, Herkunft der Energierohstoffe, zentralisierte/dezentralisierte Ausrichtung der Energiemärkte etc.

Genau hier setzt die zweiteilige wissenschaftliche Veranstaltungsreihe für Nachwuchs-Wissenschaftler:innen 2023-2024 an. Das Ziel besteht darin, die „Energietransitionen“ in Frankreich und Deutschland im Lichte aktueller Forschungsansätze miteinander in Verbindung zu setzen und den grenzüberschreitenden wissenschaftlichen Austausch zu fördern. Die Workshops bieten den Rahmen zur Begegnung zwischen jungen deutschen und französischen Forscher:innen im Kontext der raumbezogenen Energiegeographie, um die derzeitige Situation der gegenseitigen ,Sprachlosigkeit‘ zu durchbrechen und die beiden getrennten Wissenschafts-Communities miteinander ins Gespräch zu bringen. Auf diese Weise können die Nachwuchsforscher:innen neue Netzwerke für ihre wissenschaftliche Weiterentwicklung aufbauen. Zudem sollen junge deutsche und französische, im Energiekontext ausgewiesene Doktorand:innen und Postdoktorand:innen zur Zusammenarbeit animiert werden, um die Kohärenz in diesem Forschungsbereich, den Austausch von Theorien und Methoden, die auf beiden Seiten der Grenze verwendet werden, sowie die Entstehung einer gemeinsamen „Kultur“ zu fördern. Darüber hinaus tragen die Workshops dazu bei, die Forschung zu Energiepolitiken in Europa und insbesondere zum deutsch-französischen Vergleich voranzutreiben. Durch die Beteiligung von Forscher:innen, die auf verschiedenen Gebieten arbeiten, können die Workshops einen Fallvergleich ermöglichen, der die räumlichen Bedingungen für die Heterogenität bzw. Homogenität von Energietransitionen illustriert. Besondere Beachtung erhalten dabei Aushandlungsprozesse um Kernkraft und erneuerbare Energien.

  • Projektleitung: Jun.-Prof. Dr. Florian Weber und maître de conférences Dr. Teva Meyer (Université de Haute-Alsace)
  • Projektlaufzeit: 2023-2024
  • Projektförderung: Deutsch-Französische Hochschule (DFH)