Quand les artistes de théâtre prennent la parole pour/avec les "migrants". Enjeux esth-éthiques des pratiques documentaires

Quand les artistes de théâtre prennent la parole pour/avec les "migrants". Enjeux esth-éthiques des pratiques documentaires

Deutsch-Französischer Diskurs mit

Dr. Bérénice Hamidi-Kim, Université Lumière Lyon 2

Dienstag, 04.02.2020, 16.15 Uhr, Campus B3 1, R. 0.11

Gastgeberin: Prof. Dr. Romana Weiershausen, Frankophone Germanistik

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Abstract zum Vortrag

Die Vorstellung, das Theater sei eine Kunst mit einer besonderen politischen Berufung, die auf die Verteidigung fortschrittlicher Werte und die Emanzipation der Zuschauer aus ist, scheint in Frankreich eine Binsenweisheit. Es ziemt sich heute sogar in wissenschaftlichen Arbeiten, die Sorge der Künstler von der Welt in ihrer schlechten Verfassung zu sprechen, als zwanghaft, überzogen oder gar als ungeschickt zu kritisieren, etwa um den Triumph  der "politischen Korrektheit" (Isabelle Barbéris) oder weitreichender noch eine ganze Reihe ästhetischer und politischer Irrtümer anzuprangern, zu denen dieses künstlerische Anliegen führe (Olivier Neveux). Seltener sind Ansätze, die zu verstehen versuchen, woher diese Sorge an den öffentlichen Theatern stammt – einem Berufsfeld, dessen Normen durch die öffentliche Staatsgewalt bestimmt sind. Von diesem sozio-ästhetischen Ansatz aus möchte ich anhand einer Fallstudie die Widersprüche hinterfragen, in die die Künstler und ihre Werke am öffentlichen Theater verstrickt sind. Gegenstand sind die Werke, die sich seit etwa dreißig Jahren – von Et Soudain les nuits d’éveil (Théâtre du Soleil, 1997) bis hin zu C’est quoi, le problème? (Theaterensemble Waninga, 2018) über die "Passerelles" Odyssées (2008) am Théâtre du Grabuge – einer sozialen Frage widmen, deren Aktualität unbestreitbar ist: jene vom Schicksal, das Europa und Frankreich für die bereithält, die man in den 1990er Jahren "sans papier" nannte und heute "Migranten". Das Interesse gilt diesen Aufführungen gleichermaßen als Projekte und als Werke. Untersucht werden zum einen die Art der Beziehung zwischen den professionellen Künstlern und den "Teilnehmenden", zum anderen die ästhetischen (dramatischen und szenischen) Vorannahmen sowie die Beziehung zum Publikum, die durch die etwaigen Voreinstellungen geprägt ist.