Rainer Kleinertz

Romain Rollands Haendel im Kontext der aktuellen Händel-Forschung

Die Händel-Monografie eines Literaturnobelpreisträgers lässt wohl am ehesten eine romanhafte Biografie vom Schlage eines ‚der Roman seines Lebens‘ erwarten – besonders wenn der Nobelpreis dem Autor vor fast einem Jahrhundert für einen Musikerroman verliehen wurde. Romain Rollands 1910 erschienener Haendel enttäuscht diese Erwartung. Rolland verzichtet fast ganz auf psychologisierende ‚Einfühlung‘ und stützt sich auf die damals neuesten Publikationen, wie zum Beispiel die kurz zuvor erschienenen Werke von Händels Lehrer Friedrich Wilhelm Zachow.

Bei seinen Ausführungen zur Hamburger Oper greift Rolland auf seine eigene Dissertation von 1895 zurück (Histoire de l’opéra en Europe avant Lully et Scarlatti. Les origines du théâtre lyrique moderne). Bei den Darlegungen zu Dietrich Buxtehude bezieht er sich auf seinen Pariser Kollegen André Pirro, der an einer Monografie über den Komponisten arbeitete, die 1913 in Paris erschien. Insofern ist Rollands Haendel ein beeindruckendes Stück Geschichte des Faches Musikwissenschaft. Dass manches an dieser Monografie nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entspricht, kann anhand der für einen Händel-Forscher problematischsten Jahre in Georg Friedrich Händels Leben, denjenigen bis zur Gründung der Royal Academy of Music im Jahr 1719, gezeigt werden. Überraschender ist aber wohl, dass Rolland eine gerade in der Bewertung von Händels mitteldeutschem Hintergrund bis heute – oder heute wieder – lesenswerte Händel-Monografie konzipierte.

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