Veranstaltungsbericht

Europa-Podium: Ein stärkeres Europa in der Welt? Die Außenpolitik der Europäischen Union auf dem Prüfstand

20. Januar 2022, 18 Uhr, Online via Youtube

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Angesichts der aktuellen Krisen wie des Ukraine-Konflikts scheint eine starke Stimme Europas unerlässlich. Welche Rolle soll Europa auf dem internationalen Parkett spielen? Welchen Herausforderungen sieht es sich dabei ausgesetzt und welche Chancen bieten sich durch die Bildung der neuen Regierung in Deutschland und die französische EU-Ratspräsidentschaft? Diese Fragen standen im Zentrum des diesjährigen Europa-Podiums, das am 20. Januar 2022 online via Youtube stattfand. Unter der Moderation der Expertin für deutsch-französische Beziehungen, Dr. Claire Demesmay (Deutsch-Französische Jugendwerk), diskutierten die Leiterin der EU-Vertretung in Luxemburg, Anne Calteux, die Politikwissenschaftlerin Dr. Carolin Rüger von der Universität Würzburg und der Literaturwissenschaftler und Leiter des Deutsch-Amerikanischen Instituts Saarland e. V., Dr. Bruno von Lutz, über die Rolle Europas in der Welt.

Die Diskussion mündete schnell in eine Zeichnung eines positiven Zukunftsbildes Europas. Europa hätte zwar sicherheitspolitisch, so waren sich die Referent:innen einig, einiges aufzuholen, sei jedoch in einigen Bereichen bereits extrem stark. So sprach Carolin Rüger von Europa unter anderem als einem „Gigant der Wirtschaft“ und einer „regulatorischen Supermacht“. Anne Calteux betonte, dass sich die EU als „starker Player“ im Rahmen der Pandemie gezeigt habe. Im Bereich der Außenpolitik liege die Stärke Europas gerade darin, Macht nicht in einer klassischen Vorstellung der Konfrontation auszuüben. Vielmehr zeichne sich ihr bislang zu wenig wahrgenommener, ja unterschätzter Ansatz durch Diplomatie, Dialogbereitschaft und Vielfalt aus, der seine Stärke auch aus der Vielzahl an Köpfen beziehe, die die EU-Außenpolitik leitet. Insgesamt sei das Bild Europas jedoch durch die Darstellung als Softpower in den Medien verzerrt, sodass die Idee eines starken Europas – beispielsweise auch in den USA, wie Bruno von Lutz betonte – noch nicht angekommen sei.

Für die weitere Stärkung Europas setzten die Referent:innen viel Hoffnung in den strategischen Kompass, der während der EU-Ratspräsidentschaft Frankreichs verabschiedet werden soll. Carolin Rüger wies auf die große Bedeutung der Partnerschaften in diesem Kompass hin, den sie als sicherheitspolitisches Teambuilding und somit als Prozess bezeichnete, der nicht mit der Vorlage eines Dokuments während der französischen EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen sein wird. Auch in der deutsch-französischen Zusammenarbeit sahen die Diskutant:innen eine große Chance für Europa. Die Wiederbelebung des Normandie-Formats bezeichneten sie als vielversprechend. Zudem übernähmen Deutschland und Frankreich, gerade weil sie so verschieden seien, eine Brückenfunktion zwischen den Mitgliedstaaten und trügen somit zur Entwicklung einer als unerlässlich empfundenen gemeinsamen internationalen Stimme bei. Vor diesem Hintergrund stellten die drei Referent:innen auch die Zukunftsfähigkeit des Einstimmigkeitsprinzips in Frage.

Abschließend wurde festgehalten, dass Europa über einen breiten Instrumentenkasten verfüge, um weltpolitische Wirksamkeit zu erreichen. Es sei jedoch unbedingt notwendig, wie Bruno von Lutz erklärte, dass Europa selbst aktiver werde und seiner Stimme mehr internationales Gewicht verleihe. „Europa kann also viel, muss es aber auch wollen“ so das Resümee der Moderatorin der zukunftsweisenden Diskussion an diesem Abend. 

Referent:innen und Moderation (von links oben nach rechts unten): Dr. Bruno von Lutz (Leiter des Deutsch-Amerikanischen Instituts Saarland e. V.), Dr. Carolin Rüger (Politikwissenschaftlerin an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg), Dr. Claire Demesmay (Deutsch-Französisches Jugendwerk), Anne Calteux (Leiterin der EU-Vertretung in Luxemburg)

Veranstalter: Kooperationsveranstaltung der Europäischen Akademie Otzenhausen, des EUROPE DIRECT Saarbrücken, der ASKO Europa-Stiftung und des Frankreichzentrums der Universität des Saarlandes zusammen mit der Stiftung Demokratie Saarland, dem Deutsch-Französischen Jugendwerk und dem Deutsch-Amerikanischen Institut Saarland e. V. in Partnerschaft mit dem Goethe-Institut Nancy und dem Institut français Saarbrücken