Prolaktin, ein Hormon, das die Produktion von Muttermilch bei weiblichen Säugetieren steuert, war schon länger bekannt dafür, dass es das Brutpflegeverhalten steuert; das bedeutet, dass sich insbesondere die Mütter um den Nachwuchs kümmern. Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Ulrich Boehm, Professor für Experimentelle Pharmakologie an der Universität des Saarlandes, herausgefunden, dass es Sinneszellen in der Nase gibt, die – abhängig vom Prolaktin-Spiegel des Tieres – das soziale Verhalten beeinflussen können. Das haben sie bei weiblichen Mäusen beobachten können.
Haben die Maus-Weibchen männlichen Urin gerochen, der auch zur Kommunikation untereinander dient, war ihr Verhalten abhängig vom Prolaktin-Spiegel in ihrem Körper. Verantwortlich dafür ist eine bestimmte Untergruppe von Sinneszellen in der Nase, die empfindsam auf Prolaktin im weiblichen Körper reagieren. Fehlt diesen Zellen der Prolaktinsensor, verlieren die Weibchen das Interesse an den Männchen.
„Wir konnten außerdem feststellen, dass diese prolaktinempfindlichen Sinneszellen in der Nase fest mit dem Gehirn verbunden sind“, erläutert Professor Boehm. „Bislang war nur wenig darüber bekannt, wie das Gehirn den Geruchssinn und das endokrine System miteinander verbindet.“ Diese direkte Verbindung unterstreicht die Bedeutung des Mechanismus für das Verhalten und somit letztlich für das Überleben der Spezies. „Die Tiere müssen äußere Signale mit dem inneren hormonellen Zustand verbinden, um ein Verhalten zu zeigen, das für eine bestimmte physiologische Situation angemessen ist. Dies ist besonders wichtig bei weiblichen Tieren, die während ihres Lebenszyklus dramatisch schwankende Prolaktin-Spiegel aufweisen, was mit deutlichen Verhaltensänderungen einhergeht“, erklärt der Experte.
Ihre Erkenntnisse haben sie am 8. Oktober 2021 in „Science Advances“ veröffentlicht:
Aoki M, Gamayun I, Wyatt A, Grünewald R, Simon-Thomas M, Philipp S, Hummel O, Wagenpfeil S, Kattler K, Gasparoni G, Walter J, Qiao S, Grattan DR, Boehm U (2021) Prolactin-sensitive olfactory sensory neurons regulate male preference in female mice by modulating responses to chemosensory cues. Sci Adv 7:eabg4074. DOI: 10.1126/sciadv.abg4074
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Ulrich Boehm
Tel.: (06841) 1626438
E-Mail: ulrich.boehm(at)uks.eu