Hans Manfred Bock

Hans Manfred Bock

 

Zur Überwindung nationaler Begriffsmodellierung des Intellektuellen. Neukonzeptualisierungen in Frankreich und ihre deutschen Filiationen 

 

Am Beispiel der Intellektuellen-Forschung in Frankreich und Deutschland können die Antriebe und Verlaufsbahnen transnationalen Kulturtransfers paradigmatisch dargestellt werden. Während in Frankreich der Intellektuellen-Begriff seit der Dreyfus-Affäre vorherrschend positiv konnotiert war, weil er Bestandteil des republikanischen Politikverständnisses wurde, konnte sich in Deutschland diese Bezeichnung für politisch intervenierende Kulturproduzenten lange Zeit nicht durchsetzen, da die republikanischen Werte dort im politischen Leben minoritär blieben oder (im Dritten Reich) unterdrückt wurden. Im Übergang von den 1970er zu den 1980er Jahren begann gleichzeitig in Frankreich nach dem Gulag-Schock die Infragestellung der klassischen Figur des Intellektuellen und in Deutschland im ‚Deutschen Herbst‘ die Aufwertung bzw. Neutralisierung des Intellektuellen-Begriffs. Dieser wird entsprechend diesen Maßgaben seitdem in beiden Ländern intensiv diskutiert und hat inzwischen eine Flut von kultur- und sozialwissenschaftlichen Studien veranlasst. Die Rezeption der soziologischen und der historiografischen Linie der französischen Intellektuellen-Forschung verlief in der Folgezeit über präzise benennbare Institutionen der bilateralen Forschungskooperation, die in den vorangegangenen Jahrzehnten aufgebaut worden waren, und führt gegenwärtig an die Schwelle wechselseitigen Methodenaustauschs. In diesem Transfervorgang zeichnet sich als generelle Regel transnationalen Kulturaustauschs die Feststellung ab, dass vorzugsweise die Elemente vom anderen Land übernommen und angeeignet werden, für die im eigenen Land eine Prädisposition (gesellschaftliches Interesse und individueller Sinndeutungsbedarf) bereits existiert.

 

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