Michael Eggers

Michael Eggers

Körper und Texte. Zur entstehungsgeschichtlichen Nähe von Komparatistik und vergleichender Anatomie

 

Die Frage nach der Relevanz des Vergleichs für die Komparatistik kann mit rein theoretischen Argumenten nicht hinreichend beantwortet werden, es bedarf eines ergänzenden historischen Blickwinkels. Das vergleichende Verfahren wird zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu einem fachübergreifenden Orientierungspunkt, ein Umstand, der wesentlich aus dem Erfolg der vergleichenden Anatomie seit Georges Cuvier resultiert und Auswirkungen auf die Entstehung der vergleichenden Literaturgeschichte hat. Dies war nur möglich in einer historischen Situation, die noch immer durch das Ideal einer république des lettres und eines selbstverständlichen Wissenstransfers, in diesem Fall zwischen Frankreich und Württemberg, geprägt war. Auf diesem Weg hat Cuvier zunächst in Stuttgart und dann im Briefkontakt mit seinen deutschen Kollegen die entscheidenden Anstöße erhalten. Über die Darstellung weiterer historischer Einflussverhältnisse lässt sich ein epistemologisches Netz beschreiben, das die vergleichende Physiologie Johann Gottfried Herders, die Kräftetheorie Carl Friedrich Kielmeyers, die vergleichende Anatomie Cuviers und die Anfänge der vergleichenden Sprachwissenschaften umfasst. Auch die konzeptionellen Anfänge der literaturwissenschaftlichen Komparatistik, als deren Vordenker Herder und der Begründer der vergleichenden Sprachwissenschaft, Friedrich Schlegel, anzusehen sind, berühren dieses Feld. So lässt sich die seit Längerem in der Komparatistik diskutierte These, der Stichwortgeber der Fachbezeichnung littérature comparée, Abel-François Villemain, habe sich für seine begriffliche Prägung an der vergleichenden Anatomie orientiert, bestätigen.

 

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