In der Mitte des 20. Jahrhunderts durchlaufen Europa und der Mittelmeerraum territoriale Veränderungen, die tiefgreifende politische, wirtschaftliche und soziale Umwälzungen erkennen lassen. Obwohl das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Beginn des Kalten Krieges seit langem als wichtige Wendepunkte der zeitgenössischen europäischen Geschichte untersucht werden, verstärkt dabei ein gewisser „kontinentaler Bias“ eurozentrische Lesarten, welche die Vielfalt des Mittelmeerraums und seine Zirkulationen nicht ausreichend berücksichtigen. Die Geschichte der Entkolonialisierung dagegen konzentriert sich auf die Gebiete an den südlichen und östlichen Ufern des Mittelmeerraums und berücksichtigt nur selten deren Auswirkungen auf die europäischen Staaten.
Der Vortrag bietet eine neue Perspektive auf die Beziehungen zwischen Europa und dem Mittelmeerraum im 20. Jahrhundert, die diese drei Dimensionen – Nachkriegszeit, Kalter Krieg und Entkolonialisierung – im Hinblick auf die Neugestaltung der Grenzen miteinander verbindet. Der illegale Handel eignet sich besonders gut, um die Verbindungen und Abgrenzungen zwischen den Räumen zu untersuchen. Illegaler Handel entwickelte sich weiter, indem er sich an Regimewechsel anpasste und neue territoriale Ordnungen herausforderte, insbesondere Zollregime, Monopole, Freihäfen und Mobilitätsbeschränkungen. Der Personen- und Warenverkehr, die Überwachungs- und Polizeimaßnahmen sowie die Darstellung des illegalen Handels in den Medien fanden zu dieser Zeit in einem grenzüberschreitenden und transnationalen Rahmen statt, was uns ermöglicht, die Verflechtung Europas und des Mittelmeerraums im Bereich des illegalen Handels neu zu denken.
Veranstaltung des Frankreichzentrums in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Kultur- und Mediengeschichte der Universität des Saarlandes (Prof. Dr. Fabian Lemmes); gefördert durch das Cluster für Europaforschung (CEUS) der Universität des Saarlandes.
Link zum Frankreichzentrum: https://www.uni-saarland.de/einrichtung/frz.html