Michel Grunewald

Michel Grunewald

 

Un témoin engagé de la renaissance de l’Allemagne: Robert d’Harcourt et les Allemands (1945–1958) [Ein engagierter Zeuge des deutschen Wiederaufbaus: Robert d’Harcourt und die Deutschen (1945–1958)] (Abstract)

 

Der französische Germanist Robert d’Harcourt, engagierter Katholik und Widerstandskämpfer, hatte schon seit 1933 in einer Vielzahl von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln vor den Gefahren des Nationalsozialismus gewarnt. Nach 1945 wurde er zu einem wichtigen Chronisten des Nachkriegsdeutschland, der mit seinen Artikeln und Büchern vor allem das französische Publikum, indirekt aber auch deutsche Intellektuelle beeinflusste. Hinter seinen Deutschlandvorstellungen kann man leicht Deutungsmuster ausmachen, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verbreitet waren, nach dem Zweiten Weltkrieg wieder reaktiviert wurden und als typisch für gemäßigte, christdemokratische Diskurse im Nachkriegsfrankreich gelten können.

Die ersten Deutschlandbücher d’Harcourts nach dem Krieg befassten sich in erster Linie mit der Schuldfrage. D’Harcourt war davon überzeugt, dass es eine Kollektivschuld gab, und stellte den Nationalsozialismus als ein Phänomen dar, das tief in der deutschen Philosophie und Geschichte, ja im deutschen Wesen verankert sei. Zwar warnte er vor Simplifizierungen und hob die Existenz eines ‚anderen Deutschland’, einer vernünftigen Minderheit hervor, doch erschien der Weg, der Deutschland zur Völkergemeinschaft zurückführen sollte, zu diesem Zeitpunkt noch sehr lang.

Der Wahlsieg Konrad Adenauers und der sich verschärfende Ost-West-Konflikt führten ab 1950 zu einer Tendenzwende in d’Harcourts Schriften. Nunmehr erscheint eine pragmatisch verstandene Politik deutsch-französischer Verständigung und europäischer Einigung als der beste Weg zur Friedenssicherung. Auch wenn die Vorstellung vom ewig kriegslüsternen Deutschland von d’Harcourt nun als gefährliches Klischee gebrandmarkt wird, so spricht aus seinen Ausführungen doch nach wie vor Misstrauen und die Befürchtung, dass Deutschland eines Tages wieder gefährlich werden könne, wenn es nicht ausreichend in binationale und europäische Strukturen eingebunden werde. Daraus leitet er für die Franzosen die Notwendigkeit entschlossenen Handelns ab.

Abstracts