06/22/2023

Projekt „Microbelix“ nimmt den Lebensraum Boden unter die Lupe

Junge Probesammlerin steht auf einer Wiese und hält eine Plastiktüte mit Bodenprobe in der Hand
© HIPS/KrugIm Projekt Mikrobelix sammeln Bürgerwissenschaftler Proben in besonders artenreichen Lebensräumen.

Ein neues Kooperationsprojekt zwischen dem Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und der Naturlandstiftung Saar (NLS) verbindet Antibiotikaforschung mit Naturschutz: In besonders artenreichen Lebensräumen soll gezielt nach Bodenbakterien gesucht werden, die neue Ausgangsstoffe für die Antibiotikaentwicklung produzieren.

Das Besondere: Die Suche nach den Bakterien findet im Rahmen einer Citizen Science-Kampagne statt, bei der interessierte Bürgerinnen und Bürger direkt in den wissenschaftlichen Prozess involviert werden und gleichzeitig wertvolle Informationen zur lokalen Biodiversität erhalten. 

Um neue Wirkstoffe für die Behandlung von Infektionserkrankungen zu finden, nehmen Forscherinnen und Forscher des HIPS Bodenbakterien unter die Lupe, die dafür bekannt sind, Naturstoffe mit vielversprechenden pharmazeutischen Eigenschaften zu produzieren. Diese können anschließend im Labor auf ihre Wirksamkeit gegen krankmachende Keime untersucht und so für die Entwicklung neuer Antibiotika genutzt werden. Je größer die biologische Vielfalt in einer Bodenprobe ist, desto größer ist die Chance, neue Bakterien und somit auch neue Wirkstoffkandidaten zu entdecken. Aus genau dieser Überlegung entstammt die Idee einer Zusammenarbeit zwischen dem HIPS und der Naturlandstiftung Saar, die eigene ökologisch wertvolle Flächen besitzt und die saarländischen Naturschutzgebiete betreut. 

Im Projekt „Microbelix“, das sich aktuell in der Vorbereitungsphase befindet, sollen sich Bürgerwissenschaftler (engl. Citizen Scientists) im Rahmen geführter Wanderungen oder auf eigene Faust auf die Suche nach Orten machen, an denen sie eine besonders hohe biologische Diversität vermuten. Dort sammeln sie einige Löffel Erde und schicken diese direkt zum HIPS. Im Labor werden die Proben mittels Metagenom-Analyse „durchleuchtet“. Diese Technologie ermöglicht es, in kurzer Zeit einen tiefen Einblick in die Biodiversität jeder einzelnen Bodenprobe zu erhalten. Dieses Wissen erlaubt es den Wissenschaftlern zu sehen, in welchen Proben sich besonders interessante Bakterien verstecken. 

Gleichzeitig sind die gesammelten Informationen von großer Bedeutung für die Aktivitäten der NLS: Untersucht wird, wie Diversität von Mikroorganismen mit der von höheren Tieren und Pflanzen an dem jeweiligen Standort zusammenhängt. Möglicherweise können die Daten sogar Aussagen über die Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf den Lebensraum Boden ermöglichen – auch das soll im Projekt überprüft werden. 

Um das Sammeln der Proben zu standardisieren und eine hohe Probenqualität zu gewährleisten, haben HIPS und NLS „Probensammelkits“ entwickelt, die den Citizen Scientists alles bieten, was sie für die Probennahme benötigen. Zusätzlich erhalten die Teilnehmer wertvolle Informationen rund um die Themen Naturschutz, Antibiotika und Antibiotikaresistenzen. Neben einfachen Bodenproben sollen die Citizen Scientists auch dazu ermutigt werden, eigene „Bakterienfallen“ zu entwickeln und zu testen. 

Bei Microbelix handelt es sich um die Weiterentwicklung des Projektes „Die Mikrobielle Schatzkiste“, mit der das HIPS bereits 2022 auf dem Ausstellungs- und Wissenschaftsschiff „MS Wissenschaft“ unterwegs war. 

Anlass für die Zusammenarbeit zwischen HIPS und NLS ist der Wettbewerb „Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt“, der von „Wissenschaft im Dialog“ und dem Museum für Naturkunde Berlin in enger Zusammenarbeit mit der Citizen-Science-Plattform „Bürger schaffen Wissen“ umgesetzt wird. Gefördert wird das Verbundprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Mit seinem Projektantrag konnte das Team sich bereits einen Platz unter den besten zehn Projekten sichern. 

Ab dem 21. Juni beginnt eine einmonatige Abstimmungsphase, in der die Öffentlichkeit über die einzelnen Projekte abstimmen kann. Die Publikumspunkte fließen mit 20 Prozent in die Jury-Wertung ein. Die Gewinner des Wettbewerbs erhalten 50.000 Euro für die Umsetzung ihres Konzeptes.
Hier geht's zur Abstimmung: https://www.citizenscience-wettbewerb.de/

Ein wichtiges Puzzleteil des Wettbewerbsprojekts wird die Entwicklung der „Microbelix App“ sein, mit deren Hilfe die Citizen Scientists die Probennahme dokumentieren und sich mit den Forschern und anderen Projektteilnehmern vernetzen können. Die App ermöglicht außerdem die beschleunigte digitale Kommunikation von Ergebnissen aus dem Labor. 

Auf dem Projektportal www.microbelix.de erhalten Interessierte alle Informationen für die Teilnahme und Einblicke in den Fortschritt des Projektes. Dort können auch die Probensammelkits angefordert werden.

Hintergrund:

Die Naturlandstiftung Saar ist die älteste deutsche Naturschutzstiftung. Ihr Ziel ist es, den Artenreichtum der Pflanzen und Tiere unserer saarländischen Heimat zu erhalten und die Vielfalt der Lebensräume zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. Dazu erwirbt die Stiftung ökologisch wertvolle Flächen und knüpft ein Netz von Schutzgebieten. www.nls-saar.de