11/06/2025

Tagung zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz in der Literaturwissenschaft

Die Einsatzmöglichkeiten von KI betreffen immer mehr geisteswissenschaftliche Disziplinen – dies gilt auch für die Literaturwissenschaft. Bei der Interpretation literarischer Texte (Hermeneutik) wie auch in der Forschung spielen KI-gestützte Verfahren eine immer entscheidendere Rolle. Die Tagung „Artifizielle Hermeneutik. Kontingenz, Sinn, Digitalität” vom 19. bis 21. November fragt daher nach dem Spannungsfeld zwischen konventionellen Ansätzen der Textdeutung und computergestützten Verfahren.

Die Tagung findet am Innovation Center der Universität statt (Gebäude A2 1, Raum 3.05). Eröffnet wird sie mit der Frage, inwiefern KI-generierte Texte hermeneutisch interpretiert werden können: Dazu erzählt der Autor und Soziologe Juan S. Guse von seinem Schreiben mit künstlicher Intelligenz, liest Auszüge aus seinem Werk und diskutiert diese neue Art des Schreibens mit der Berliner Komparatistin und Kulturwissenschaftlerin Patricia A. Gwozdz. Zu diesem und allen weiteren Programmpunkten ist die interessierte Öffentlichkeit herzlich willkommen.

In den letzten Jahren sind auf dem Buchmarkt zahlreiche KI-generierte Texte in bekannten Literaturverlagen erschienen. Wie können Literaturwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit solchen Texten umgehen? Inwiefern lassen sie sich nach den etablierten Verfahren der Geisteswissenschaften interpretieren? Und kann umgekehrt Künstliche Intelligenz zur Interpretation von Literatur genutzt werden? „Diese beiden großen Fragenkomplexe stehen im Mittelpunkt unserer Tagung“, sagt Joachim Harst, der derzeit die Professur Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität des Saarlandes vertritt. Er organisiert die in den Literatur- und Kulturwissenschaften verortete Konferenz mit dem Titel „Artifizielle Hermeneutik. Sinn, Kontingenz, Digitalität” gemeinsam mit Markus Alexander Lenz, der seinerseits die Vertretungsprofessur für Romanische und Allgemeine Literatur- und Kulturwissenschaft innehat.

Wo also verlaufen die Grenzen zwischen konventioneller Literaturinterpretation (Hermeneutik) und Künstlicher Intelligenz? „Eine kritische Position besagt, dass KI selbst keine deutenden Ergebnisse liefern kann, weil ihre Technik nicht auf Zeichendeutung beruht, sondern auf Statistik“, erläutert Harst. Dagegen vertrete eine vermittelnde Position den Standpunkt, dass es immer noch die Menschen seien, die die Deutungszusammenhänge herstellen, indem sie den Output von KI in ihre Deutung einlesen. „Die Tagung will die Grenzen zwischen beiden Positionen verständlich machen und fragt nach Möglichkeiten, hermeneutische Literaturinterpretation und Künstliche Intelligenz zu verbinden“.

Der Eröffnungsabend (19. November, ab 17 Uhr) widmet sich der zweiten brisanten Fragestellung: Wie sind artifiziell generierte Texte, die als Literatur verkauft werden, zu bewerten? Dazu berichtet Autor und Soziologe Juan S. Guse von einem literarischen Experiment, das er 2023 zusammen mit der Schriftstellerin und Kulturwissenschaftlerin Jenifer Becker und ChatGPT für die Neue Rundschau betrieben hat. Das Ergebnis, die Kurzgeschichte „Alpha Centauri in Ewigkeit“, belegt Möglichkeiten und Grenzen kreativen Schreibens mit generativer KI. Neben einer Lesung von Textauszügen diskutiert der Autor mit der Kulturwissenschaftlerin Patricia A. Gwozdz und dem Publikum über diese neue Art von Literatur.

Zwei Keynote-Vorträge setzen weitere Akzente im Tagungsprogramm.

Den ersten Vortrag hält Jörg Noller vor dem bereits erwähnten Auftakt am Mittwoch, dem 19. November, um 17.00 Uhr. Der Münchener Philosoph beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Philosophie von Digitalität und KI im Sinne aufklärerischen Denkens. Seine Veröffentlichungen diskutieren beispielsweise, wie ein mündiger Umgang mit digitalen Medien und KI umgesetzt werden kann.

Ein weiterer Keynote-Vortrag folgt am zweiten Konferenztag, dem 20. November, um 18.00 Uhr. Die renommierte Berliner Medienphilosophin Sybille Krämer stellt hier die unbequeme Frage nach der Rolle der Geisteswissenschaften in einer neuen Kultur der Digitalität. Ihr jüngst im Suhrkamp-Verlag erschienener Band „Der Stachel des Digitalen. Geisteswissenschaften und Digital Humanities” formuliert prägnant die Herausforderungen von Digitalität an die Kernkompetenzen geisteswissenschaftlicher Interpretation und deckt gleichzeitig deren uneingestandene Nähe zu digitalen Textpraktiken auf.

Link zum Tagungsprogramm 

Veranstaltungsort: Universität des Saarlandes, Campus A2 1 (Raum 3.05), 66123 Saarbrücken
Lageplan

Fragen beantworten:
Dr. habil. Joachim Harst
Vertretungsprofessur Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Universität des Saarlandes
Campus A2 2, Raum 0.10 | 66123 Saarbrücken
Tel.:  0681 302-3302
https://www.uni-saarland.de/lehrstuhl/solte-gresser/lehrstuhl/vertretungsprofessur.html

PD Dr. Markus Alexander Lenz
Vertretungsprofessur für Romanische und Allgemeine Literatur- und Kulturwissenshaft
Universität des Saarlandes
Campus A5 3, Raum 0.03 | 66123 Saarbrücken
Tel.:  +49 681 302-3321
https://www.uni-saarland.de/lehrstuhl/messling/lehrstuhl/priv-doz-dr-markus-a-lenz.html