Infektionsfördernde Faktoren im Leistungssport

Infektionsförderne Faktoren im Leistungssport

Schwellnus MP, Derman WE, Jordaan E, Page T, Lambert MI, Readhead C, Roberts C, Kohler R, Collins R, Kara S, Morris MI, Strauss O, Webb S. Elite athletes travelling to international destinations >5 time zone differences from their home country have a 2-3-fold increased risk of illness. Br J Sports Med. 46, 2012: 816-821. doi: 10.1136/bjsports-2012-091395.

BACKGROUND:
Illness accounts for a significant proportion of consultations with a team physician travelling with elite athletes.
OBJECTIVE:
To determine if international travel increases the incidence of illness in rugby union players participating in a 16-week tournament.
SETTING:
2010 Super 14 Rugby Union tournament.
PARTICIPANTS:
259 elite rugby players from eight teams were followed daily over the 16-week competition period (22,676 player-days).
ASSESSMENT:
Team physicians completed a logbook detailing the daily squad size and illness in any player (system affected, final diagnosis, type and onset of symptoms, training/match days lost and suspected cause) with 100% compliance. Time periods during the tournament were divided as follows: located and playing in the home country before travelling (baseline), located and playing abroad in countries >5 h time zone difference (travel) and located back in the home country following international travel (return).
MAIN OUTCOME MEASUREMENT:
Incidence of illness (illness per 1000 player-days) during baseline, travel and return.
RESULTS:
The overall incidence of illness in the cohort was 20.7 (95% CI 18.5 to 23.1). For all teams, the incidence of illness according to location and travelling was significantly higher in the time period following international travel (32.6; 95% CI 19.6 to 53.5) compared with the baseline (15.4; 95% CI 8.7 to 27.0) or after returning to their home country (10.6; 95% CI 6.1 to 18.2).
CONCLUSIONS:
There is a higher incidence of illness in athletes following international travel to a foreign country that is >5 h time difference and this returns to baseline on return to the home country.

Bewertung:
Dies ist eine Studie, die sich eine ungewöhnliche Sportveranstaltung zunutze macht: ein intenationales Rugby-Turnier unter 5 Mannschaften aus Südafrika und 3 aus Neuseeland, das als Meisterschaftsrunde mit Heim- und Auswärtsspielen ausgetragen wird. Alle Mannschaftsärzte übernahmen die Meldungen von Infektionen aller Art (relativ breit definiert als "nicht-traumatisch bedingte Erkrankung, die zu einer Konsultation des Mannschaftsarztes führte"), was eine hohe Datenqualität gesichert haben dürfte. Außerdem lag die Compliance bei "unglaublichen" 100%. Auffällig ist die deutlich höhere Infektionsinzidenz in den neuseeländischen Teams, die um fast das 2,8-fache über jener der Südafrikaner liegt. Inwiefern hier ein Reporting-Bias vorliegt oder dies lediglich die größere Indolenz der südafrikanischen Spieler widerspiegelt, ist nicht zu klären.

Offenbar treten Infektionen besonders häufig auf, wenn sich Teams aus der "Heimat-Zeitzone" mehr als 5 Zeitzonen wegbewegen. Die umgekehrte Richtung (zurück nach Hause in die eigene Zeitzone) scheint günstiger zu sein. Erklärend muss man hier anmerken, dass Neuseeland und Südafrika zum Zeitpunkt der Studie 11 Stunden Zeitdifferenz aufwiesen, aber auch Spiele in Australien stattfanden (2-5 Stunden von Neuseeland, 6-9 Stunden von Südafrika). Es wird deutlich, dass andere Stressoren als beispielsweise die Trainings- und Wettkampfintensität eine große Rolle für Infektanfälligkeit spielen können. Die geringere Inzidenz nach Heimflügen könnte für eine psychische Komponente sprechen, aber auch für eine nie komplett vollzogene Umstellung auf die Zeitzone des Gastgebers und insofern für ein Resynchronisieren der "inneren Uhr". Der Effekt scheint robust zu sein für alle Infektionsarten (Respirationstrakt, Gastrointestinaltrakt, Haut).

Für die Praxis bedeutet dies, dass eine besonders "empfindliche" Phase identifiziert wurde, in der präventive Maßnahmen (Hygiene der Hände, ausreichend Schlaf, adäquate Ernährung etc.) besonders ernst zu nehmen sind. Zwar treten derartige Situationen mit großen Zeitverschiebungen auch im Spitzensport nicht allzu häufig auf, doch scheint ein stärkeres Augenmerk auf "nichtsportliche" Stressoren gerechtfertigt.