Die Geschichte der Zeitung

19. Jahrhundert

Als die älteste Bistumszeitung Deutschlands kann der „pilger“ auf eine fast 172-jährige Existenz zurückblicken, die nur durch die Nationalsozialisten unterbrochen wurde. In einer Zeit des Aufbruchs gegründet beobachtete der „pilger“ eine Reihe von Meilensteinen der Welt- und Kirchengeschichte und scheute sich nie, die eigene Meinung zu diesen zu veröffentlichen. Gerade in der Anfangszeit der Bistumszeitung lässt sich eine sehr starke „Romnähe“ erkennen. So nahmen die Berichte über das Erste Vatikanische Konzil sehr viel Raum in der Berichterstattung des Blattes ein. In Bezug auf das Dogma zur Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubens- und Sittenfragen positionierte sich der „pilger“ klar hinter dem Nachfolger Petri und appellierte an dessen Gegner, sie sollten ihren Widerstand aufgeben. Auch war die politische Ausrichtung des Bistumsblattes nie ein Geheimnis. Man stand immer auf der Seite des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei und auch wurde nie davor zurückgeschreckt, die Führungselite und den Kaiser zu kritisieren. Gerne gingen die Redakteure auf Konfrontationskurs. Dies hatten neben den politischen Gegnern vor allem auch Zeitungen zu spüren bekommen, die es sich anmaßten, Inhalte des „pilgers“ zu kritisieren.
In seiner langen Geschichte seit 1848 kommt die älteste deutsche Bistumszeitung erst auf elf Redaktionsleiter und unter allen Chefredakteuren wurde der Einsatz für soziale Gerechtigkeit besonders groß geschrieben. Dennoch mussten die Katholiken und somit auch die katholische Zeitung im  späten 19. Jahrhundert permanent starken Gegenwind ertragen. Die katholische Kirche und ihre Anhänger mussten sich im Kaiserreich von Anfang an ihre Rechte erkämpfen. Bereits im Dezember 1871 erließ die neue Reichsregierung den „Kanzelparagraph“, der sowohl die Geistlichen als auch die Katholiken generell diskriminierte, indem er Menschen in der Ausübung eines religiösen Amtes untersagte, sich zu politischen Themen zu äußern. Darüberhinaus litt das Bistum Speyer auch unter den Folgen der Industrialisierung, welche viele Bewohner des armen Grenzbistums dazu veranlasste, auszuwandern. Die generell schwierige Lage des Bistums Speyer wurde im 20. Jahrhundert durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs noch einmal deutlich verschlimmert, was dazu führte, dass die Pfalz schon vor der Machtergreifung Hitlers zu den nationalistischen Hochburgen im Reich zählte.

„der pilger“ unter dem Hakenkreuz

Was folgte, kann wohl zu den stolzesten Teilen der Geschichte des Speyrer Bistumsblattes gezählt werden. Der „pilger“ stemmte sich von Beginn an mutig gegen das Heraufziehen der Diktatur und widersprach den Parolen Hitlers selbst dann noch, als die Nationalsozialisten längst an der Macht waren. Chefredakteur Nikolaus Lauer zeigte immer klar deutlich seine Gegnerschaft zur NSDAP. In der Ausgabe des „pilgers“ vom 8. Januar 1933 zitierte er beispielsweise den Vorsitzenden der Bayerischen Volkspartei Leicht:

„Das Jahr 1933 wird die Entscheidung bringen, ob das deutsche Volk sich auf sich selbst besinnt und noch imstande ist, die Nebel der Phrase durch Klarheit der Erkenntnis, die Machtgier und Gewaltpläne des Radikalismus durch die Liebe zu Freiheit und Recht zu überwinden.“

Auch berichtete der „pilger“ klar von der Ausschaltung politischer Gegner und Zeitungen durch die Nationalsozialisten und kritisierte die Ausschreitungen gegen die Juden in Folge der Boykottaktionen gegen jüdische Ladenbesitzer. Aber die kritischen Worte Lauers zu politischen Ereignissen der damaligen Zeit blieben auch den Nationalsozialisten nicht verborgen, weswegen der „pilger“ seine Politische Rundschau einstellte, um Repressalien gegen seine Zeitung zu verhindern. Lauer wollte lieber gar nicht mehr über das Weltgeschehen informieren, als „Propagandalügen“ zu veröffentlichen. Die Haltung des „pilgers“ fand aber deutlich Anklang in Teilen der Bevölkerung: Zwischen 1934 und 1941 stieg die Auflage des Blattes von ca. 40000 auf ca. 53 000 Exemplare. Von Mitte 1933 an erfuhr Chefredakteur Lauer was es bedeutet, Kritiker in einer Diktatur zu sein: Er wurde öfter vorgeladen, verhört und bedroht. Sein Haus wurde durchsucht und seine Veröffentlichungen wurden zensiert. Trotzdem schaffte es Lauer, seine Kritik zwischen den Zeilen an seine Leser zu bringen. So musste der „pilger“ am 25. Mai 1941 seine vorerst letzte Ausgabe drucken. Die Pilgerdruckerei wurde für den Ausweichbetrieb einer größeren Firma beschlagnahmt und das Wort des „pilgers“ verstummte für viereinhalb Jahre.

 

„der pilger“ nach 1945

Nach dem Krieg und dem Untergang des NS-Staates gewann die Kirche wieder an Freiheit. Lauer wurde wieder als Chefredakteur der Zeitung eingesetzt und prägte noch 20 weitere Jahre den Inhalt des „pilgers“. Unter ihm stieg nach anfänglichen Problemen wie der Papierknappheit nach dem Krieg und der „Teilung“ des Bistums in französische Besatzungszone und Saarland die Auflage der Zeitung auf 81000 Exemplare pro Woche. Der „pilger“ gehörte in vielen Familien in der Pfalz und im Saarland einfach dazu.

Daran änderte auch eine viel diskutierte Maßnahme der Redaktion nichts. 1960 entstand einige Aufregung, als der Titel „Der Christliche Pilger“ zu „der pilger“ gekürzt wurde. Begründet wurde dieser Schritt, dass der aus der Romantik entstandene Titel nicht mehr zeitgemäß sei und vielfach missverstanden wurde. Dennoch hätte sich die Kurzform „Pilger“ so in der Bevölkerung etabliert, dass man der Tradition treu bleiben wollte. Inhaltlich wich der „pilger“ kaum von seinen Idealen ab und kommentierte weiterhin sowohl Welt- als auch Kirchenpolitik. So nahmen in den 60er und 70er Jahren vor allem Papst Pauls VI. Enzyklika „Humane Vitae“, die Würzburger Synode oder das Drei-Päpste-Jahr 1978 viel Platz in der Berichterstattung der Zeitung ein. Aber auch der Kalte Krieg begleitete das Blatt in seiner Berichterstattung durchgehend. Die nächste große Veränderung fand 1997 statt, als der „pilger“ begann, nun auch Farbfotos zu drucken. Dies war einer der Versuche, die Zeitung ansprechender und leserfreundlicher zu gestalten, um den sinkenden Zahlen entgegenzuwirken. Außerdem versuchte der „pilger“ mit neuen Akzentsetzungen im Inhalt (bspw. Ausweitung des Bereichs Glaubens- und Lebenshilfe) attraktiver für die Leser zu werden.