Pädagogische Auseinandersetzungen

zur Zeit der Verlegung des katholischen Monatsblattes

Zur Entstehungszeit des katholischen Monatsblattes kam es zu einem sogenannten Kulturkampf, während dem die Kirche einen schwierigen Standpunkt in der Gesellschaft hatte. Dieser Kulturkampf wird zum einen als Kampf zwischen Staat und katholischer Kirche, zum anderen als Kampf zwischen der katholischen Kirche und dem Liberalismus betitelt und fand nicht nur in Deutschland, sondern in Gesamteuropa statt. Der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen lag im Deutschen Reich, denn zu dieser Zeit war die Rolle der katholischen Kirche dort als problematisch einzustufen, was dazu führte, dass sich die Integration des katholischen Volkes in Preußen als sehr schwierig erwies. 1871 wurde die kleindeutsche Lösung eingeführt, die allerdings zu weiteren Spannungen führte, die unter anderem auch mit der Politik des Papstes zu tun hatten. 1864 wurde in der päpstlichen Enzyklika ein gesondertes Schriftstück veröffentlicht, welches sich mit der Kritik an der Verstaatlichung von Erziehung und Bildung befasste. In dieser Schrift wurde vorgeworfen, dass die Religion aus der Öffentlichkeit entfernt und darüber hinaus der Irrtum verbreitet werden würde, dass die Familie den Grund ihres Daseins lediglich aus den bürgerlichen Rechten ziehen würden, was im Folgenden als gottlose Ansichten bezeichnet wurde. Des Weiteren wurde ausdrücklich gesagt, dass man die Kinder ohne den Einfluss der katholischen Lehre „all ihren verderblichen Irrtümern und Lastern“34 hingibt.35
Weitere Ereignisse schürten den Konflikt zunehmend, zum einen wurde die scholastische Philosophie, „die im Gegensatz zur rationalistischen Philosophie und Wissenschaft die Autorität der Kirche anerkannte, gegen die modernen Wissenschaften ins Feld geführt“36 und verteidigte sie gegen den Vorwurf der Unzeitmäßigkeit und zum anderen wurde im ersten Vatikanischen Konzil das Unfehlbarkeitsdogma angenommen, welches dem Papst „die uneingeschränkte Autorität in kirchlichen und weltlichen Fragen zuschrieb.“37 Diese Entwicklungen führten sowohl zu innerkirchlichen als auch zu ausgeprägten staatlichen Widerständen, wobei die innerkirchlichen sich innerhalb kürzester Zeit wieder legten und die „opponierenden Bischöfe im Kulturkampf wieder zu treuen Papisten wurden.“38
In Folge dessen kam es zu mehreren Ereignissen, die sich klar gegen die katholische Kirche richteten. Es wurde beispielsweise die katholische Abteilung im preußischen Kultusministerium geschlossen. In Bezug auf das Unterrichts- und Erziehungswesen wurde 1872 ein Gesetz erlassen, welches besagte, dass „die Aufsicht über alle öffentlichen und Privat- Unterrichts- und Erziehungs-Anstalten dem Staate“39 zusteht. Ebenso wurde erlassen, dass jegliche Schulinspektoren vom Staat gestellt sein müssen. Auch der Religionsunterricht der damaligen Zeit war von diesem Erlass betroffen, denn die Religionslehrer sollten Beamte sein und die Pfarrer durften lediglich in Bezug auf fachliche Fragen auf den Unterricht einwirken. Diese Periode stellt den Höhepunkt der Streitigkeiten um das Schulwesen zwischen Kirche und Staat dar. 1876 wurde das Kulturexamen für katholische Geistliche erlassen, welches sie zum Abitur und einem dreijährigen Studium an einer deutschen Universität verpflichtete, sowie zur Behandlung von Themen, die der Allgemeinbildung angehören (deutsche Literatur, Philosophie,…). Diese Maßnahme sollte verhindern, dass die Ausbildung der künftigen Priester allein der kirchlichen Aufsicht obliegt.40
Bismarck näherte sich 1870 wieder zunehmend den Konservativen an, was eine Rücknahme der Kampfmaßnahmen und eine Abwendung von den Liberalen zur Folge hatte. Diese Umstände bedingten auch die Tatsache, dass nur wenige Gesetze, die währenddessen entstanden sind, beibehalten wurden.41
Doch bereits vor dem eigentlichen Kulturkampf kam es zu Angriffen seitens der Kirche auf den Staat. In diesen wurden staatliche Schulen bemängelt und angeprangert, dass diese die Schüler der Religion entfremden und sie zu einem ausgeprägten Rationalismus zwingen würden. Die „Denkschrift der Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands“ aus dem Jahr 1848 beinhaltet eine Passage, die mit den Worten „Unter den Rechten der Kirche steht obenan das göttliche Recht der Lehre und der Erziehung ….“42 den Anspruch der Kirche auf die Schule und der Erziehung der Schüler zu legitimieren versucht. Zu dieser Zeit trat auch der Katholik, eine weitere Zeitschrift, in die Öffentlichkeit, um den kirchlichen Anspruch auf die schulische Bildung der Kinder zu unterstreichen und mit Artikeln wie „Wem gehört die Schule?“ klar gegen den Staat und seine alleinige Zuständigkeit für die Schulen vorzugehen.43 Auch andere Artikel dieser Zeitschrift arbeiteten deutlich gegen staatlichen Einfluss in Schulen und stellten die Forderung, dass Lehrpersonen unbedingt religiös sein müssten. Die Konsequenz, die die Zeitschrift daraus zog, lag auf der Hand, denn sie forderten, dass die Lehrerbildung in kirchliche Hand übergeht.44
Der Leitgedanke der katholischen Erziehungs- und Schuldiskussion der Zeit lautete wie folgt: „Die Schule als Besitz der Kirche, die Lehrer von der Kirche ausgebildet, Religion und religiöse Bildung im Mittelpunkt der Erziehung und der Schule.“45 Darüber hinaus druckten auch zahlreiche weitere katholische Zeitschriften Artikel ab, die sich ganz klar gegen eine staatliche und für eine katholische Erziehung aussprachen. Hier wurde sich mehrfach auf den Wahrheitsanspruch des katholischen Glaubens, der christlichen Geschichte, den Autoren zu Folge ist allerdings nur von der Katholischen die Rede, berufen, und die Kirche als Mutter der Schule beschrieben.46
Im Gegensatz zu den anderen Zeitschriften, die man zu der damaligen Zeit erhielt, beschränkte sich das „Monatsblatt für katholisches Unterrichtswesen“ nicht nur auf katholische Erziehungsweisen, sondern behandelte auch Erziehungsthemen fernab der Religion. Während die anderen Blätter einen für die Kirche propagandistischen Charakter zu tragen scheinen, vermittelt diese Zeitschrift zwar, wie man seine Kinder im katholischen Glauben erzieht, doch stellt sie keine Forderungen bezüglich des Anspruches der Kirche auf die alleinige Macht über das Schul-/ Unterrichtswesen.

34 Klaus-Peter Horn: Katholische Pädagogik vor der Moderne. Pädagogische Auseinandersetzungen im Umfeld des Kulturkampfes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: Jürgen Oelkers/ Fritz Osterwalder / Heinz-Elmar Tenorth (Hrsg.): Das verdrängte Erbe. Pädagogik im Kontext von Religion und Theologie, Weinheim/Basel 2003, S.164.
35 Ebd., S.164.
36 Ebd., S.165.
37 Ebd., S.165.
38 Ebd., S.165.
39 Ebd., S.167.
40 Ebd., S.168.
41 Ebd., S.168.
42 Ebd., S.169.
43 Ebd., S.169.
44 Ebd., S.170.
45 Ebd., S.170.
46 Ebd., S.171.