IV. Resümee

Summa Summarum lässt sich festhalten, dass die Katholische Kirche im Ersten Weltkrieg eine innerstaatliche Kirche war. Das galt für die katholische Kirche in allen kriegsteilnehmenden Ländern, denn sowohl in Deutschland, Frankreich als auch Italien wurden Feldgottesdienste abgehalten und die Soldaten zum Kampf gegen den Feind angeheizt. Die Chancen der katholischen Kirche lagen jedoch in ihren transnationalen Strukturen. Die katholische Kirche als eine überstaatliche Bewegung hätte entscheidend zum Frieden beitragen können. Friedensinitiativen wie die des Papstes blieben jedoch singulär und letztlich ohne Erfolg.[1]

Es gilt zu konstatieren, dass Stimmen aus dem Milieu der katholisch-konservativen Eliten des deutschen Kaiserreiches, welche die Friedensinitiative des Papstes unterstützten sowohl im Katholiken als auch in den Historisch-politischen Blättern erst mit der erneuten Abnahme der Religiosität in Deutschland und der sich immer heftiger offenbarenden Gräuel des Weltkrieges im dritten Kriegsjahr laut wurden. Ab dann sind diese jedoch sogleich sehr engagiert und immer zahlreicher in den untersuchten Quellen zu finden. Vor dem öffentlichen Eintreten breiter Teile der katholisch-konservativen Eliten für einen Frieden konnten mannigfaltige Deutungen des Weltkrieges ermittelt werden. Zwar wurde bereits zu Beginn des Krieges auf dessen Schattenseiten aufmerksam gemacht und die Autoren des Katholiken und der Historisch-politischen Blätter verfielen auch nicht in einen Kriegstaumel, doch waren auch sie im Angesicht der Krisen der Vorkriegszeit froh über die mit dem Weltkrieg neu erwachende Religiosität und übernahmen unkritisch die von der Reichsleitung propagierte Darstellung des Krieges als einen legitimen und gerechten Verteidigungskrieg. Dies heizte zum einen die nationale Stimmung im Inneren weiter an, zum anderen wurden hierdurch Interpretationen, wie die eines heiligen Krieges begünstigt. Für die ersten Kriegsjahre des Ersten Weltkriegs ist folglich die Formulierung Karl Barths, dass „Vaterlandsliebe, Kriegslust und christlicher Glaube in ein hoffnungsloses Durcheinander“[2] gerieten, äußerst zutreffend. Der Krieg wurde sogleich als Strafgericht Gottes interpretiert, welcher den Gläubigen die Möglichkeit bot, für die vor dem Krieg angehäuften Laster Buße zu tun und Abbitte zu leisten. Mit seinem Ende sollte eine neue gründliche religiöse Erneuerung einhergehen.

Doch mit der sich abzeichnenden Kriegsniederlage wandelten sich die Stimmung und die Sinndeutungen. Die Religiosität im deutschen Volk sank erneut auf das Vorkriegsniveau und Forderungen nach einem Frieden wurden lauter. Im Milieu der katholisch-konservativen Eliten wurde jedoch an seinem Glauben festgehalten, wurde dort doch der Papst an die Spitze der Friedenshoffnungen gesetzt. Von einer Parlamentarisierung des Kaiserreiches nahm die Autorschaft der Historisch-politischen Blätter allerdings entschieden Abstand, vielmehr hoffte sie, durch eine Christianisierung der Länder den erwünschten, nachhaltigen Frieden einzuleiten. Mit Blick auf die eingangs gestellte Frage, inwiefern der Weltkrieg von den – dem katholisch-konservativen Milieu entstammenden – Zeitgenossen als Grauenhaft nutzlose Schlächterei oder als Heiliger Krieg betrachtet wurde, gilt abschließend zu konstatieren, dass sich in den untersuchten Zeitschriften Der Katholik und Historisch-politische Blätter für die Jahre 1914 bis 1918 ein sehr differenziertes Bild ergibt, welches sich von anfänglicher Zustimmung zum Krieg und Verklärung ebenjenem als heiligen Krieg bis zu der Abkehr von selbigem und der Forderung nach Frieden mit fortschreitender Kriegsdauer wandelt, dabei aber immer bestimmt wird von den Interessen des Großteiles der Autorenschaft, den katholisch-konservativen Eliten.

 


[1] Martin Lätzel: Die katholische Kirche im Ersten Weltkrieg. Zwischen Nationalismus und Friedenswillen, Regensburg 2014, S. 10.

[2] Karl Barth, zit. n. Wolfgang Huber: Kirche und Öffentlichkeit, Stuttgart 1973, S. 207.

Literatur

Huber, Wolfgang: Kirche und Öffentlichkeit, Stuttgart 1973.

Lätzel, Martin: Die katholische Kirche im Ersten Weltkrieg. Zwischen Nationalismus und Friedenswillen, Regensburg 2014.